Podcast Folge 6: Von Leitlinie bis Register: Strategien für eine bessere pAVK-Versorgung
Moderation: PD Dr. med. Barbara Rantner
Gast: PD Dr. med. Ulrich Rother
pAVK ist eine Volkskrankheit – doch die Versorgung bleibt oft unzureichend. In Folge 6 spricht PD Dr. Barbara Rantner mit PD Dr. Ulrich Rother über Prävention, Register, Gehtraining, die neue S3-Leitlinie und die Frage, wie Gehtraining, Revaskularisation und Lebensstiländerungen in der Praxis umgesetzt werden können.
Ein spannendes Gespräch über Leitlinien, Lebensstil und die Notwendigkeit, die pAVK endlich in den Fokus zu rücken.
Strategien für eine bessere pAVK-Versorgung
Themen in dieser Episode:
- Die Arbeit der pAVK-Kommission der DGG
- Warum ein bundesweites pAVK-Register entscheidend ist
- Die neue S3-Leitlinie: konservative Therapie, Gehtraining, Revaskularisation
- Endovaskulär oder offenchirurgisch? Ein differenzierter Blick auf Best-CLI und BASIL-2
- Die Bedeutung strukturierter Gehprogramme und ihre schwierige Umsetzung
- Geriatrische Patient*innen: individuelle Therapieziele, Frailty und Lebensqualität
- Wo die größten Versorgungsdefizite liegen – und was sich ändern muss
Weiteres zur Folge
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) bleibt klinisch wie gesundheitspolitisch ein drängendes Thema. Auch weil sie im Versorgungsalltag häufig zu spät erkannt, zu inkonsequent behandelt und strukturell unzureichend adressiert wird
In dieser Folge spricht PD Dr. Barbara Rantner mit PD Dr. Ulrich Rother, leitender Oberarzt am Uniklinikum Erlangen, Leiter der pAVK-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und maßgeblich beteiligt an der neuen S3-Leitlinie zur pAVK.
Es geht um die enorme Relevanz der Erkrankung, die Arbeit der Kommission, den Aufbau eines dringend benötigten Registers, die wichtigsten Neuerungen der Leitlinie – und um die Frage, wie Gehtraining, Revaskularisation und Lebensstiländerungen in der Praxis umgesetzt werden können.
Welche Therapie ist vorrangig? Wie gehen wir mit der hochaltrigen Patientengruppe um? Und warum muss die Gefäßmedizin bessere Strukturen für Gehtraining und Prävention schaffen?
Ein praxisnahes und zugleich zukunftsweisendes Gespräch über eine unterschätzte Volkskrankheit – ganz im Sinne des DGG-Mottos: „Wir denken Gefäße weiter.“
Themen in dieser Episode:
- Die Arbeit der pAVK-Kommission der DGG
- Warum ein bundesweites pAVK-Register entscheidend ist
- Die neue S3-Leitlinie: konservative Therapie, Gehtraining, Revaskularisation
- Endovaskulär oder offenchirurgisch? Ein differenzierter Blick auf Best-CLI und BASIL-2
- Die Bedeutung strukturierter Gehprogramme und ihre schwierige Umsetzung
- Geriatrische Patient*innen: individuelle Therapieziele, Frailty und Lebensqualität
- Wo die größten Versorgungsdefizite liegen – und was sich ändern muss
Fragen oder Feedback?
Sie möchten mit der Redaktion oder den Expertinnen und Experten Kontakt aufnehmen? Wir freuen uns über Ihre Nachricht an: podcasts(at)medizinkommunikation.org
Rantner: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von „Gefäße im Fokus“!
Mein Name ist Barbara Rantner, ich bin Gefäßchirurgin und Oberärztin in München.
Dieser Podcast soll für Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, eine Plattform bieten, um tief in die Themen einzutauchen, die unser Fachgebiet prägen und voranbringen. Gemeinsam mit unseren Gästen beleuchten wir die neuesten Entwicklungen in der operativen, endovaskulären und präventiven Gefäßmedizin und diskutieren aktuelle Themen aus Wissenschaft, Lehre, Klinik und Praxis. Ganz nach unserem Motto: „Wir denken Gefäße weiter!“
Heute widmen wir uns der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, der dominanten Gefäßkrankheit, wenn man auf die Prävalenz- und Inzidenzzahlen blickt.
Dazu spreche ich heute mit Oberarzt Dr. Ulrich Rother. Er ist als leitender Oberarzt am Uniklinikum Erlangen tätig und leitet die pAVK-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie. Er ist ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der pAVK und war federführend an der Erstellung der aktuellen S3 Leitlinie zum Thema pAVK involviert.
Deshalb freue ich mich besonders, dieses wichtige Thema mit ihm besprechen zu können. Lieber Uli, toll, dass Du heute dabei bist, ich freue mich sehr auf das Gespräch mit dir.
Rother: Ja, liebe Barbara, vielen Dank für die Einladung heute und für die Möglichkeit, auch mal den Fokus auf dieses Thema zu legen.
Rantner: Uli, ich habe es schon kurz erwähnt, du leitest die pAVK-Kommission der DGG, also unserer Fachgesellschaft. Schon allein die Tatsache, dass es für die Erkrankung eine eigene Kommission gibt, unterstreicht ja die Relevanz für Gesamtbevölkerung und natürlich auch für uns in der Gefäßmedizin. Vielleicht könntest Du unseren Hörerinnen und Hörern mal einen kurzen Einblick gewähren, wie die Tätigkeiten in der Kommission ausschauen, womit ihr euch beschäftigt und wo ihr den Fokus drauflegt.
Rother: Das Thema pAVK ist Schwerpunk unserer Kommission, die periphere arterielle Verschlusskrankheit, das ist ja letztendlich die Volkskrankheit, mit der wir uns als Gefäßmedizinerinnen und -mediziner beschäftigen.
Wenn wir aktuellen Studien glauben wollen, leiden ca. 237 Millionen Menschen weltweit unter einer pAVK. In Deutschland sind es ca. 4,5-5 Millionen Menschen. Eine sehr aktuelle dänische Studie prognostiziert auch die Entwicklung, versucht durch verschiedene Schemen das zu kalkulieren und zu prognostizieren und da werden wir eine steigende Prävalenz bis in die Jahre 2030, 2040 erwarten.
Wir als Kommission für pAVK und diabetisches Fußsyndrom haben uns letztendlich zum Ziel gesetzt, die Aufmerksamkeit für diese Volkskrankheit zu steigern und die Versorgungsstruktur zu verbessern. Das ist ganz mannigfaltig, was wir hier versuchen zu erreichen, das ist zum einen, dass wir versuchen, Awareness zu schaffen, zum Beispiel durch einen Gefäß-Tag. Der wird ja von unserer Fachgesellschaft – der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin – einmal im Jahr angeboten, da war es zuletzt auch die pAVK, die hier im Fokus stand. Da haben wir ganz unterstützend mitgearbeitet, als Kommission. Dann, ein anderer Punkt ist, wir würden gerne mehr Daten sammeln, was in Deutschland passiert im Bereich der pAVK-Versorgung und die Ergebnisse dahinter. Da ist dann zum Beispiel das Stichwort Register ein Punkt, das wir versuchen, als Kommission mit zu unterstützen und auf den Weg zu bringen. Ein anderer Teilbereich, in dem wir involviert sind als Kommission, ist die Unterstützung der Erstellung einer Leitlinie, da ist ja ganz aktuell die neue herausgekommen. Ich denke, Barbara, da werden wir gleich auch noch zu sprechen kommen.
Rantner: Vielen Dank, Uli, also du hast uns jetzt einen tollen Einblick gegeben, die pAVK in den unterschiedlichen Schweregraden und ganz klar nochmal die Relevanz der sehr stark verbreiteten Arteriosklerose dargestellt. Das Thema Register würde ich jetzt gerne nochmal kurz aufgreifen. Die Relevanz von Versorgungsregistern wird schon auch immer wieder kritisch diskutiert. Wenn wir ehrlich sind, jeder ist im klinischen Alltag schon mit Bürokratie, Dokumentationsaufwand und diesen Verpflichtungen sehr grenzwertig belastet und die Motivation, sich dann noch mit Registern zu beschäftigen, ist teilweise sehr gering. Man muss sich gut überlegen, was in einem Register alles erfasst wird, damit man dann überhaupt richtig gute Auswertungen anbieten kann und deswegen würde es mich interessieren, wo du jetzt Nutzen und vielleicht auch Notwendigkeit eines bundesweiten Registers siehst und ob du der Meinung bist, dass die Vorzüge schon diesen Aufwand überwiegen würden.
Rother: Ja Barbara, ich denke, da sprichst du wirklich einen kritischen Punkt an, jeder, der von uns im Alltag das Wort Register hört, kriegt wahrscheinlich gleich große Sorgen und Bedenken, was das alles an Arbeit und zusätzlicher Dokumentationsaufwand bedeutet. Jeder ist sicherlich bereits im Alltag damit ausreichend konfrontiert. Dennoch muss man sich überlegen, was sind Vor- und Nachteile eines solchen Registers. Ich denke mal, ein wichtiger Punkt ist, wir haben ja über unsere Fachgesellschaft hier das Deutsche Institut für Gefäßmedizinische Gesundheitsforschung, kurz DIGG, an der Hand, das jetzt auch unter neuer, hochmotivierter Führung von Herrn Behrens steht, der einfach unterstützend einwirken kann, solche Daten zu erfassen und ein solches Register aufzubauen.
Ich denke, das Register an sich hat ganz klar sehr viele Vorteile aus meiner Sicht, wir müssen uns klar machen, wir sind letztlich europaweit die größte Fachgesellschaft an Gefäßchirurginnen und Gefäßchirurgen mit deutlich über 3000 Mitgliedern und wir haben dadurch natürlich ein enormes Potenzial, all diese Behandlungen, die wir durchführen, tatsächlich in dieses Register einzupflegen. Wir können damit wirklich ein relevantes Register auch im europaweiten Vergleich beisteuern und da auch auf internationaler Ebene sicherlich Anklang finden.
Wenn man sieht, was aktuelle Publikationen auch im European Journal of Vascular and Endovascular Surgery gerade letztendlich zum Thema haben, sind das auch häufig Registerstudien, die hier Einzug finden und aktuell kommen diese Registerstudien vorwiegend aus skandinavischen Ländern. Damit wurden aber wirklich hervorragende Publikationen erreicht und sehr gute Daten gewonnen. Wenn wir zum Beispiel am europaweiten Vasconet-Konsortium, das letztlich ein Zusammenschluss der europaweit existierenden Register ist, teilnehmen wollen, dann müssen wir natürlich auch ein deutsches Register vorlegen, um letztendlich an diese Daten zu kommen und hier beitragen zu können.
Wenn wir so ein Register haben, ist es aber auch, denke ich, eine Möglichkeit für junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die letztendlich Daten in diese Register einspielen, an diese Daten zu kommen und darauf basierend Studien zu entwickeln und letztendlich Impact für ihre eigene Forschung und die eigene Karriere generieren zu können.
Und ein ganz anderer Punkt der, denke ich, für unserer Fachgesellschaft und für das DIGG sicherlich auch relevant sein könnte, ist, dass wir natürlich, vielleicht auch über eine Kooperation mit der Industrie nachdenken können. Wir können die verschiedensten Behandlungsstrategien, die unterschiedlichsten Devices, die wir nutzen, in diese Register einspielen, einschließen und somit Ergebnisse der verschiedenen Devices analysieren. Das ist natürlich interessant für Industrie, kann uns wiederum Finanzierung gewährleisten, wenn wir an so eine Kooperation unter diesen Bedingungen kommen.
Was ich denke, klar, Register bedeutet immer einen Mehraufwand, bedeutet für jeden einzelnen letztendlich Zusatzaufwand, aber für mich überwiegen ganz klar die Vorteile, die hier entstehen, zum einen für einzelne Personen persönlich, weil man letztendlich wissenschaftlich Output produziert, aber auch für unsere Fachgesellschaft an sich, weil wir einfach auf internationaler Ebene da deutlich besser wahrgenommen werden können.
Rantner: Ich drücke die Daumen, dass das pAVK-Register jetzt dann doch mal durchstarten kann. Also wir sind ja bei der Aorta dran, die Karotis hats ein bisschen besser, weil das einfach von gesetzlicher Seite vorgegeben ist, dass da die Qualitätsdokumentation gemacht werden muss. Zum Thema Register von meiner Seite vielleicht sogar ein persönliches Wort noch: Das mit „wir könnten uns mit der Industrie vernetzen“ ist natürlich schon so bisschen ein zweischneidiges Schwert, wie du sicherlich ja selber schon erfahren hast. Es gibt ja immer diese Industrie-gesponserten Bestrebungen, um eben gewissen Devices überhaupt erstmal in die Aufmerksamkeit der Nutzer zu rücken und wenn man das jetzt sich gekoppelt mit Registerdaten vorstellt, dann muss man natürlich die Datenqualität schon etwas kritisch werten, wenn ich das mal so sagen darf. Weil wenn es dann Industrie-gesponsert oder Industrie-gestützt und dann noch nur in Anführungszeichen Registerdaten und keine randomisierten Daten sind, dann verliert es vermutlich schon ein bisschen an Wert oder wie siehst du das?
Rother: Nee, absolut, da bin ich hundertprozentig auf deiner Seite. Es geht eher darum, glaube ich, dass wir sozusagen die Daten erheben und uns Devices ansehen können, das sind natürlich weit entfernt von einer Industrie-gesponserten Studie. Also ich glaube, der Punkt und der Unterschied liegt ganz klar hier. Was hier nicht durchgeführt werden sollte, ist eine Industrie-gesponserte Studie, mit denen wir es im Alltag wirklich sehr häufig in den ganzen letzten Publikationen zu tun haben, weshalb wir einfach noch keine großen Datensätzen auch für viele dieser Devices haben. Vorteil ist einfach, dass hier Devices, die zum Einsatz kommen, hier einspringen können und somit unabhängige Daten hierfür generieren können.
Rantner: Unabhängige Daten ist schon das perfekte Stichwort für meine nächste Frage. Ich war zuletzt wahnsinnig intensiv beschäftigt und ich sehe noch ein paar Rest-Falten auf deiner Stirn mit der Aktualisierung der AWMF S3-Leitlinie. Also höchste Evidenz-Leitlinie zum Thema pAVK. Da ist ein interdisziplinäres Dokument. Ich habe mich in der Vorbereitung für unser Gespräch mal kurz eingelesen und habe festgestellt, genau so viele Seiten wie die Carotis-Leitlinie, also es ist ein sehr kräftiges Werk. Erzähl uns doch mal, wie die Entstehung der Leitlinie war. Vielleicht kannst du uns mal ein paar Highlights liefern. Es ist einiges passiert zuletzt in der pAVK und es gibt ein paar kritische, kritisch gewertete Publikationen oder viel diskutierte Publikationen und vielleicht kannst du uns dazu eine kurze Zusammenfassung geben.
Rother: Ja, ich denke, die Falten erholen sich allmählich, gerade wenn der anstehende Urlaub auf mich zukommt, dann sehe ich wieder perfekt aus. Dennoch glaube ich, du hast Recht, es ist natürlich so, die AVK-Leitlinie ist ein ziemliches Mammut-Werk geworden. Ich glaube, wer sich schon mal die Mühe gemacht hat, all die Seiten durchzulesen, sieht, dass wir uns sehr viel Mühe gegeben haben und der Aufwand war hoch und wie es denke ich an jedem Startpunkt einer solchen Leitlinie ist, sind Erwartungen der einzelnen beteiligten Fachgesellschaften immer enorm hoch. Jeder ist natürlich der Meinung, dass die Technik, die man selbst am besten kann, eigentlich die Technik ist, die sicherlich die beste auch für die Patienten und die Patientin ist. Und im Laufe einer Entwicklung einer solchen Leitlinie merkt man ja immer mehr, wie man dann zusammenwächst, Standpunkte kritisch diskutiert, sich zusammenrauft und dann vielleicht nach dem Bier an der Bar am Abend dann am nächsten Morgen einfach nochmal mit frischem Wind und neuen Gesichtspunkten diese Dinge diskutieren kann und ich denke, dass die kritischen Punkte gerade im Bereich der Behandlung der pAVK auf der Hand liegen. Die sind letztendlich konservative Therapie einschließlich der medikamentösen Therapie, dann die Frage der Revaskularisation, ganz großer Streitpunkt oder Diskussionspunkt, würde ich es viel mehr nennen, ist da die endovaskuläre Therapie oder doch die offenchirurgische?
Wir haben auch noch ein paar Schwerpunkte auf andere Bereiche gelegt, das ist letztendlich die Geriatrie. Erstmal gibt es ein Kapitel, das ganzheitlich den geriatrischen Patienten behandelt und diesem gewidmet ist. Ich denke, das ist ja eine ganz klar wachsende Gruppe in unserem Patienten-Klientel und wir haben aber auch die Relevanz der Lebensstil-Änderung und der Einfluss des Lebensstils auf das Outcome kritisch beleuchtet und hier auch Versorgungsdefizite ganz klar benannt.
Wenn wir es der Reihe mal nach durchgehen, ist es so, dass ein ganz wesentlicher Schwerpunkt auf die konservative Therapie gelegt wurde. Das ist letztendlich die Bewegungstherapie, die hier gemeint ist, und ganz klar das Gehtraining. Wir wissen aus sehr vielen, auch prospektiv kontrolliert randomisierten Studien, dass einfach das Gehtraining im Stadium der Claudicatio intermittens die Therapie der ersten Wahl ist. Und so haben wir es auch beleuchtet und empfohlen in der Leitlinie. Letztendlich alle Patientinnen und Patienten, die unter einer Schaufensterkrankheit leiden, sollten zunächst ein Gehtraining bekommen. Das sollte idealerweise strukturiert sein und 3-6 Monate andauern. Und dann, wenn dies nicht zielführend ist, sollte eher dann erst die interventionelle oder operative Behandlung erfolgen. Und ganz entscheidend auch, wenn letztendlich dieses Gehtraining nicht zielführend war und wir eine offenchirurgische oder interventionelle Behandlung durchgeführt haben, auch danach muss das Gehtraining erfolgen, dass das sozusagen begleitend auch zur interventionellen oder operativen Therapie mit hinzukommt.
Rantner: Darf ich da gleich kurz einhaken? Das Gehtraining, wir haben das ja zuletzt im Vorstand der DGG diskutiert, weil die Gefäßsport-Gruppen so ein bisschen stiefmütterlich betreut werden oder weil einfach die Gründung von Gefäßsport-Gruppen sehr schwierig ist. Das wird schlecht vergütet. Es findet sich kaum jemand, der sich dem Thema widmen möchte. Jetzt ist es natürlich eine große Herausforderung, wenn sogar in der Leitlinie abgebildet ist, dass das sozusagen als Therapie der ersten Wahl für pAVK-Patienten, für Claudicanten zu ermöglichen ist und angewendet werden soll. Reicht denn auch das unbegleitete Gehtraining oder sollte es tatsächlich jetzt ein strukturiertes, begleitetes Gehtraining sein, wie ist da die Datenlage?
Rother: Also es ist so, idealerweise sollte überhaupt Gehtraining stattfinden. Es gibt die verschiedensten Varianten, es gibt letztendlich natürlich idealerweise das strukturierte Gehtraining, aber es kann auch letztendlich die anderen Formen, die verfügbar sind, genutzt werden und die sind genau so effektiv im Langzeitverlauf. Also entscheidend ist, dass überhaupt ein Gehtraining stattfindet. Wir haben ja auch zusammen mit Herrn Behrend zuletzt mal untersucht, wie denn eigentlich die Möglichkeiten sind, überhaupt Gehtraining anzubieten. Und da sehen wir, dass letztendlich auf Versorgerseite, also diejenigen, die eben die Empfehlung aussprechen, ein Gehtraining auszuführen, deutlich Nachbesserungsbedarf haben. Also wir als Gefäßchirurginnen und Gefäßchirurgen konkret. Und noch schlimmer sieht es eigentlich auf der Seite der Versorgungsstrukturen aus, also wo findet überhaupt so ein strukturiertes Gehtraining statt? Es gibt letztendlich keinerlei Gehsport-Gruppen, an die sich Patientinnen und Patienten wenden können. Das ist ein großer Schwerpunkt auch in unserer Kommission, dass wir dieses Problem versuchen zu adressieren. Ich kann aus persönlicher Erfahrung hier berichten, dass letztendlich wir hier in Erlangen zum Beispiel es geschafft haben, eine solche Gehsport-Gruppe auf den Weg zu bringen. Ideal kann man das eigentlich umsetzen, in dem man lokale Sportvereine zu Rate zieht. Hier gibt es häufig Trainer, die entweder für Herzsport letztendlich ein Ausbildung haben, die zum Beispiel eine Zusatzausbildung auch für Gehsport mit durchführen können und dann eine Gehsport-Gruppe anbieten können. Das wird auch von Krankenkassen finanziert, sodass, denke ich, wenn man hier sich in den lokalen, gegebenen Strukturen orientiert, durchaus die Möglichkeit, die jeder einzelne von uns hat, hier was auf den Weg zu bringen und das ist was, was wir auch, glaube ich, von unserer Fachgesellschaft unterstützen sollten.
Rantner: Also das ist toll, dass du da selber so gute Erfahrungen gemacht hast. Das nehmen wir gerne mit. Und alle, die zuhören und interessiert sind, die dürfen sich vielleicht dann an euch wenden, dass sie bisschen Unterstützung kriegen, wie das dann an den eigenen Krankenhäusern umzusetzen ist. Weil tatsächlich ja der Bedarf sehr hoch ist und die Umsetzung nicht immer ganz einfach.
Rother: Genau, absolut. Ein anderer Punkt, der auch in der Leitlinie hochrelevant war und, denke ich, mit am kritischsten diskutiert wurde, war die Frage der Revaskularisations-Strategie. Die ganz konkrete Frage ist eher: Endo first oder eher offenchirurgisch first? Das Schlagwort, das die Leitlinie am Schluss transferieren soll und unter den Zeichen sie stehen soll. Und da muss man vielleicht ein bisschen die Entwicklungsgeschichte der Leitlinie betrachten. Wir haben ja so eine kleine Reise mit der Leitlinie durchgemacht. Wir haben über zweieinhalb Jahre ungefähr dieses Werk auf den Weg gebracht und diese Zeit war sehr turbulent, was parallel auf wissenschaftlicher Ebene international passierte. Also als wir gestartet sind, war es letztendlich so, dass wir eigentlich nur eine einzige randomisiert kontrollierte Studie haben, wie Revaskularisation stattfinden sollte im Stadium der chronisch-kritischen Extremitäten-Ischämie. Um das ging es letztendlich im Wesentlichen bei dieser Fragestellung und zwar war das die Studie BASIL 1, die ja doch schon sehr alt ist und die im Wesentlichen ja gesagt hatte, dass der Vorteil einer offenchirurgischen Bypass-Revaskularisation nach zwei Jahren bei vorhandener Vene da ist, aber sonst vielleicht eher die endovaskuläre Revaskularisations-Strategie Vorteile hat.
Dann haben wir gestartet mit der Leitlinie unter diesen Gesichtspunkten und unter diesem Wissen. Als Nächstes kam dann die große, aus Amerika stammende Best-CLI-Studie, die publiziert wurde, und alle Chirurginnen und Chirurgen in dieser Leitlinie haben gejubelt, weil dann zum ersten Mal endlich das publiziert wurde, was wir alle im Grunde schon in unserem Herzen gefühlt haben, dass ganz klar der Bypass die beste Revaskularisations-Strategie ist. Hier wurde letztendlich als Key Message transferiert, dass bei geeigneter Bypass-Vene die Bypass-Chirurgie von Vorteil ist. Das war vorwiegend getrieben durch die Reinterventions-Rate aus der endovaskulären Seite, aber eben auch durch das harte Outcome der Amputationsraten.
Dann, nachdem wir in diesem Bereich sehr intensiv diskutiert haben, kam dann letztendlich der Rückschlag für die Freunde der Bypass-Chirurgie und zwar die BASIL 2 Studie. Die hat auf den ersten Blick ja eigentlich genau das Gegenteil transferiert, und zwar, dass eigentlich die Bypass-Chirurgie zu einem 35 % höherem Risiko für Amputation und Tod verantwortlich und zu diesen führt. Sodass ja eigentlich wir idealerweise bestmöglich keinen Bypass machen, sondern eher die endovaskuläre Therapie favorisieren. Und unter diesen Studienbedingungen haben wir dann uns zur Diskussion getroffen und ich denke, wie sich Hörerinnen und Hörer vorstellen können, war diese Diskussion sicherlich nicht ganz ungebiased und leicht zu führen.
Entscheidend war, wir mussten im Grunde in die Studien gehen und uns das genauer anschauen, was sind denn die Einschlusskriterien, was sind die Limitationen der Einzelstudien, was vergleichen die miteinander, sind diese Studien miteinander vergleichbar? Und wenn man das sich bisschen genauer ansieht, ist es so, dass letztendlich eigentlich alle beiden Studien Probleme haben, wenn wir ehrlich sind. Auf der einen Seite, Best-CLI musste vorzeitig gestoppt werden, die Randomisierung oder der Patienten-Einschluss, besser gesagt, weil Finanzierung knapp wurde, obwohl sie wirklich Millionen dafür akquiriert hatten.
Dann BASIL 2 hat auch das Ziel der eigentlichen anvisierten Patientenzahl nicht erreicht, lag im Wesentlichen daran, dass die Covid-Pandemie der Patienten-Akquirierung einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Dann ist es so, dass die Schweregrade der AVK relativ schlecht in beiden Studien definiert waren, also die angiomorphologischen Grundlagen, die dahintersteckten. Dann die Interventionen wurden bei Best-CLI eher durch Gefäßchirurginnen, Gefäßchirurgen durchgeführt, bei BASIL 2 eher durch interventionelle Radiologen. Das war natürlich gerade ein großer Diskussionspunkt. Und dann ist es so, dass die Todesrate in BASIL 2 eher nach 2, 3 Jahren aufgetreten ist und eigentlich nicht mit der Prozedur assoziiert war, sodass dann die Frage war, wurden hier vielleicht kranke Patienten eingeschlossen? Also man muss sagen, letztendlich sind beide Studien halt erstmals prospektiv randomisiert große kontrollierte Studien, die wir haben zu diesem Thema, aber sie haben sichtlich beide Schwächen. Und basierend auf diesen Punkten haben wir uns, denke ich, relativ gut am Ende einigen können, was wir eigentlich als Empfehlung mit auf den Weg geben. Und wir haben dann somit Punkte für die Entscheidung definieren können, die einfach zu Rate gezogen werden können, die als Hilfestellung genutzt werden können.
Eine ganz große Frage ist da, ist eine Spendervene vorhanden, die zur Bypass-Versorgung genutzt werden kann? Wie ist das Operationsrisiko der Patientin, des Patienten? Wie ist die Komplexität des Gefäßmusters, des Verschlussmusters, also wie lang sind die Verschlusslängen? Wie ist der Gewebeverschluss, ist eine Infektion da? Aber auch, wie sind technische Ressourcen? Wer kann was in einer Klinik? Und vor allem, wie ist die Expertise der Behandler? Das sind letztendlich Entscheidungsparameter, die wir hier aufgeschrieben haben, definiert haben. Und somit war am Schluss letztendlich die Konklusion, dass wir abgerückt sind von einem Endo First oder offenchirurgisch First, sondern man muss den Patienten, die Patientin betrachten und die Umstände, unter denen die Patienten sich befinden.
Rantner: Ja, also das ist so bisschen same same but different. Ich persönlich habe so bisschen unglücklich gefunden, dass die Publikationen so zeitnah nacheinander irgendwie da rausgeschossen worden sind. Weil, wie du sagst, es hat ja so viel Vergleichbarkeit eigentlich gar nicht gegeben zwischen den Patientengruppen, Fragestellungen und da gabs ja schon relevante Unterschiede und natürlich hat sich dann jeder das rausgepickt für die Interpretation, was seinem Können entspricht. Und wie du sagst, den eigenen Vorlieben und Möglichkeiten entspricht. Das Thema der Technologie in der pAVK beschäftigt mich auch, also weil die pAVK ja neben der Aorta sicherlich das materialintensivste oder vielleicht sogar noch materialintensiver in der Gefäßchirurgie ist, wahnsinnig schnelllebig. Ich bin ja noch ganz klassisch mit dem Fogarty-Katheter aufgewachsen für eine kardio-embolische Ischämie des Beines. Mittlerweile wird also schon erwartet, dass gewisse Materialen in den Kliniken vorgehalten werden, die sich mit peripherer Durchblutungsstörung beschäftigen wollen. Wo geht da die Reise deiner Meinung nach hin? Ich frage das jetzt einmal ganz bewusst vor dem Hintergrund des Krankenhausstrukturverbesserungsgesetzes, weil die pAVK ja natürlich ein relevantes Gebiet ist, das alle möglichst weitermachen möchten. Aber vielleicht tatsächlich ja auch den Ansprüchen dann irgendwann nicht mehr gerecht werden können. Wie ist da deine Meinung, Uli?
Rother: Ja, das ist, denke ich, ein wesentlicher, kritischer Punkt, der kam auch im Rahmen der Entstehung der Leitlinie zu Sprache. Die Frage war ja, mittlerweile benötigt man ja wirklich für die perfekte Behandlung der AVK ein ganzes Sammelsurium an Drähten, Stents, Bohrern, Kathetern und sonstigen Devices. Die Frage war, wie weit sollen wir tatsächliche Empfehlungen für einzelne dieser Devices geben? Und wenn man hier die Literatur genauer betrachtet, ist es letztendlich so, dass es eigentlich keine wirklich belastbaren Langzeitdaten mit klaren Handlungsempfehlungen dann für die Leitlinie für die einzelnen Devices gibt. Es ist so, wir haben natürlich sehr viele so 6-Monat, 1-Jahres-Ergebnisse von den einzelnen Devices, also rezidiv-Stenose-Raten zum Beispiel, Reinterventions-Raten, aber wirklich Langzeitdaten sind einfach selten und wenn man sich jetzt das genauer ansieht, was hier an Handlungsempfehlungen auch in der Leitlinie gegeben wird, da sind thematisiert die plain old balloon angioplasty, einfach das älteste Verfahren, dann die Stent-Angioplastie, entweder mit selbst-expandierbaren oder eben Ballon-expandierbaren Stents, gecoverte Stents kommen als Thema vor und die drug-elutin balloon angioplasty. Alle anderen Devices sind im Fließtext zwar kurz erwähnt, aber nicht mit einer klaren Handlungsempfehlung versehen, weil einfach die Evidenz dazu noch zu gering ist. Ich denke, was aber klar wird, ist, dass wir, wenn wir erfolgreich in Zukunft, auch vielleicht vor dem Hintergrund des Krankenhausstrukturverbesserungsgesetzes pAVK-Behandlungen durchführen wollen, ist es wichtig, dass wir klare Behandlungspfade in unseren Kliniken haben und dass wir letztendlich beide Methoden, also offenchirurgische Verfahren und endovaskuläre Verfahren, mit hoher Expertise anbieten können. Dazu kann es sein, dass der Gefäßchirurg, die Gefäßchirurgin selbst beides sehr gut beherrscht, es kann aber auch sein, dass eben diese Strukturen, wie zum Beispiel bei uns im Haus, einfach durch Interdisziplinarität in sehr hoher Art und Weise und Perfektion durchgeführt werden können. Das bedeutet letztendlich, dass wir vorhalten müssen, dass wir endovaskuläre Versorgung gewährleisten können, aber eben auch offenchirurgische auf hohem Niveau. Das ist letztendlich das, was wir gewährleisten müssen, um suffizient Patientin und Patient behandeln zu können. Ich denke, es geht weniger um ein einzelnes Device als vielmehr um die Vorhaltung beider Möglichkeiten auf hohem Niveau. Und das kann zum Beispiel im Rahmen von Gefäßzentren, wo das ja untersucht wird und analysiert wird, ob Kliniken das vorweisen, zum Ausdruck gebracht werden oder eben in bekannten Einrichtungen, die das Ganze durchführen können. Ich denke, was wichtig ist, was wir auch in der Leitlinie zum Ausdruck gebracht haben, wenn eine andere Methode klar besser wäre und die in einer Klinik eben nicht vor Ort durchgeführt werden kann, dann wäre es durchaus eben auch eine Überlegung wert, Patientin, Patienten dafür zum Beispiel in ein Zentrum zu transportieren und transferieren.
Rantner: Uli, das letzte Thema, den letzten Block, den ich gerne mit dir noch besprechen möchte, du hast es ja schon erwähnt, ist das Thema der geriatrischen Patienten. Wir hatten schon einen Podcast zum Thema Altersregulierung in der Carotis-Chirurgie. Muss es Regulierungen für Indikationsstellungen diesbezüglich geben? Die pAVK betrifft jetzt ja unter Umständen auch die sehr Alten, ich meine, die gibt’s ja auch unter den jüngeren Patienten, verbreitet. Was habt ihr da abgebildet in der Leitlinie? Ich habe mitbekommen und durfte auch an dem Buch mitarbeiten, das jetzt auch dazu entstanden ist. Sag uns doch mal, was ihr euch jetzt für die geriatrischen Patienten speziell in der Leitlinie ausgedacht habt.
Rother: Ja, ich denke, für die geriatrischen Patienten ist es entscheidend, dass wir einfach betrachten, was ist sozusagen das Ziel, das therapeutische Ziel, für einen geriatrischen Patienten, für eine geriatrische Patientin? Entscheidend ist, dass wir nicht auf das Alter schauen, sondern mehr oder weniger das biologische Alter, häufig ausgedrückt durch die Frailty. Wenn wir das, sozusagen, im Hinterkopf haben, kann es durchaus sein, dass individuell für einen 80-Jährigen vielleicht auch eine Claudicatio extrem belastend ist, weil einfach jemand sehr mobil ist, aber doch in der Mehrzahl der Fälle wird wahrscheinlich für einen 80-Jährigen oder eine 90-jährige Patientin einfach ein anderes Ziel dahinterstehen, hinter einer Behandlung, als vielleicht für einen 60-jährigen Patienten. Und ich denke, entscheidend ist, dass wir hier individuelle Therapie-Ziele festlegen und diese mit möglichst minimal-invasivem Aufwand erreichen. Es kann sein, dass zum Beispiel Schmerzfreiheit im Fokus ist, das heißt, dass vielleicht keine große Rekonstruktion entscheidend ist, aber aus meiner Sicht, vorteilhaft muss immer sein oder entscheidender Punkt muss immer sein, dass wir letztendlich den Bein-Erhalt im Fokus haben. In einzelnen Fällen kann auch eine reine Schmerztherapie im Sinne einer Palliativ-Grundtherapie dahinterstecken, was für die Patientin, für den Patienten eben das Ziel für eine Therapieregime sein kann.
Rantner: Und die Behandlungsvarianten sollten natürlich ja immer so bisschen an die Erwartungshaltung, sozusagen, des Patienten angepasst sein. Also es gibt ja viele Patienten, die sich so sehr auf irgendeine Therapie schon versteift haben, wenn sie das Klinikum betreten, dass es da ja oft akute Führung braucht, dass man die Patienten dann irgendwie von der medizinisch sinnvollsten Behandlungsweise überzeugen kann. Habt ihr dazu auch was festgehalten oder wie siehst du das?
Rother: Nee, ich denke absolut, da muss man mit Patientin, Patient reden. Nur weil vielleicht irgendwo geschrieben stand, dass die große Bypass-Operation doch eigentlich das Beste ist, muss es nicht im Individualfall auch das Beste sein. Ich denke, wir müssen zusammen mit Patientin, Patient entschieden, was ist unser Therapieziel, was bedeutet eine solche Intervention, ein solcher Eingriff individuell für den Patienten, was würde vielleicht an Immobilität, an Morbidität damit einhergehen? Und dann zusammen entscheiden, was das Richtige ist. Ich denke, dass gerade bei einem geriatrischen Patienten-Klientel einfach nicht eine Schwarz-Weiß-Zeichnung entscheidend ist, sondern sehr viele Grautöne dazwischen. Diese Entscheidung muss man einfach zusammen mit Angehörigen, aber auch Patient, Patientin eben finden.
Rantner: Ja, Uli, ich danke dir ganz herzlich für diesen spannenden Streifzug durch die pAVK. Ich denke, es wurde sehr klar, warum die pAVK als Volkskrankheit gesehen werden muss. Und dass wir weiterhin viel Energie und Mühe in die Versorgung von betroffenen Patientinnen und Patienten stecken sollen. Vielleicht noch ein ganz kurzes Fazit und Abschlussfrage von mir: Wo siehst du derzeit die relevantesten Probleme in der Versorgung von pAVK-Patienten, wo gibt’s für vielleicht die DGG als Gesellschaft, aber auch für alle in die Gefäßmedizin involvierten Disziplinen die meiste Arbeit?
Rother: Ja, ich denke, entscheidend ist, was heute auch schon zur Sprache gekommen ist: Wir müsen die AVK als Volkskrankheit sehen, die enorme Kosten verursacht für unser Gesundheitssystem. Es ist eine Krankheit, die letztendlich nicht nur die Beine betrifft, sondern ganzheitlich betrachtet werden muss. pAVK ist eine Risiko-Modulator, der Morbidität und Mortalität steigert, daher ist ganz klar medikamentöse Therapie, die Sekundär-Prophylaxe ganz entscheidend, um das langfristige Outcome unserer Patientinnen und Patienten zu verbessern. Für mich entscheidend ist, dass die Behandlung interdisziplinär erfolgen sollte, das ist nicht nur Aufgabe einer Fachdisziplin. Wichtig ist für mich, was wir auch in der Leitlinie so formuliert haben, dass wir weg sollten von einer endovaskulär-first- oder einer offenchirurgisch-first-Strategie. Das ist obsolet aus meiner Sicht. Wir sollten das beste Verfahren für die Patientin, den Patienten finden und auswählen. Ganz entscheidend ist hier, dass wir die Lebensstiländerung der Patientinnen und Patienten erreichen. Und ich denke, hier ist auch die größte Aufgabe, die unsere Fachgesellschaft hat. Wir sollten mehr Angebote schaffen, Awareness schaffen. Wir sollten gerade Angebote für Gehsport-Gruppen schaffen, die es fördern und unterstützen. Da ist sicherlich jeder einzelne von uns gefragt, um eben auch solche Gruppen mitzuetablieren und zu entwickeln.
Rantner: Ja, also dem kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Uli, nochmal, ich danke dir sehr für das schöne Gespräch heute. Es hat wahnsinnig Spaß gemacht. Wir sehen uns bald, denke ich, auf dem Jahreskongress in Luzern.
Rother: Ja, liebe Barbara, vielen Dank, es hat mir auch wahnsinnig Spaß gemacht. Danke für die Einladung, die Möglichkeit, heute mal den Fokus auf die AVK richten zu dürfen.
Rantner: Auch Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, vielen Dank, dass Sie uns die Treue halten. Wenn Sie Fragen oder Feedback haben, dann schreiben Sie uns gerne an podcasts(at)medizinkommunikation.org. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Folge. Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute Zeit, bleiben Sie interessiert und bleiben Sie gesund.