Podcast Folge 3: Aortenchirurgie – Emotion, Evidenz und Struktur: Was das Fach braucht
Moderation: Dr. med. Farzin Adili
Gast: Prof. Dr. med. Dittmar Böckler
Emotion trifft Evidenz: PD Dr. med. Farzin Adili spricht mit Prof. Dr. med. Dittmar Böckler über die Bedeutung der Aorta in der Gefäßchirurgie – medizinisch, politisch und strukturell. Ein Gespräch über Krankenhausreform, Mindestmengen, alte Patientinnen und Patienten, neue Technologien und die Frage: Was braucht gute Aortenchirurgie in Deutschland?
Aortenchirurgie – Emotion, Evidenz und Struktur: Was das Fach braucht
Themen in dieser Episode:
- Warum die Aorta so emotional besetzt ist – und was das für die Gefäßchirurgie bedeutet
- Aortenchirurgie als „Organmedizin“? Kritik an neuen Leitlinien
- Mindestmengen, Zentralisierung und strukturelle Anforderungen
- Alter, Komorbidität und individuelle Therapieentscheidungen
- Endovaskuläre Verfahren bei Hochbetagten
- Herausforderungen der Weiterbildung und Nachwuchsgewinnung
- Simulation, Digitalisierung und KI als Zukunftsperspektiven
Weiteres zur Folge
Die Aorta ist nicht nur das größte Blutgefäß des menschlichen Körpers – sie ist auch Symbolträger für die emotionalen, politischen und strukturellen Spannungsfelder der Gefäßchirurgie. In dieser Folge spricht Dr. med. Farzin Adili mit Prof. Dr. med. Dittmar Böckler, ärztlicher Direktor der Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg, über zentrale Entwicklungen und Herausforderungen der Aortenchirurgie.
Das Gespräch kreist um Grundsatzfragen: Was bedeutet es, wenn die Aorta plötzlich als „Organ“ definiert wird? Welche Implikationen hat das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) für die Zukunft der Aortenchirurgie in Deutschland? Und: Wie sichern wir Ausbildung und Nachwuchs in einem Bereich, der zunehmend zentralisiert und technisiert wird?
Neben Struktur- und Systemfragen geht es um konkrete klinische Entscheidungen: Wann sind fenestrierte und gebranchte Endoprothesen bei über 80-Jährigen gerechtfertigt? Welche Rolle spielt das biologische Alter bei der Indikationsstellung? Und wie können Augmented Reality, KI und Simulationen die Ausbildung verbessern?
Ein tiefgründiges Gespräch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Herzstücks der Gefäßchirurgie – ganz im Sinne des DGG-Mottos: „Wir denken Gefäße weiter.“
Themen in dieser Episode:
- Warum die Aorta so emotional besetzt ist – und was das für die Gefäßchirurgie bedeutet
- Aortenchirurgie als „Organmedizin“? Kritik an neuen Leitlinien
- Mindestmengen, Zentralisierung und strukturelle Anforderungen
- Alter, Komorbidität und individuelle Therapieentscheidungen
- Endovaskuläre Verfahren bei Hochbetagten
- Herausforderungen der Weiterbildung und Nachwuchsgewinnung
- Simulation, Digitalisierung und KI als Zukunftsperspektiven
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Adili: Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von Gefäße im Fokus, dem Podcast der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin. Hier sprechen wir über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen unseres Fachgebietes. Heute zum Thema Aortenchirurgie, Emotion und Evidenz. Mein Name ist Farzin Adili. Ich bin Chefarzt der Klinik für Gefäßmedizin und Gefäßchirurgie am Klinikum Darmstadt, derzeit Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin und einer der Hosts von Gefäße im Fokus. Heute freue ich mich ganz besonders, meinen langjährigen Freund und Kollegen zu begrüßen, Prof. Dittmar Böckler, ärztlicher Direktor der Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg.
Lieber Dittmar, schön, dass du da bist.
Böckler: Vielen Dank, lieber Farzin, für die Einladung. Ich freue mich sehr auf unser Gespräch heute.
Adili: Dittmar, du bist unbestritten einer der führenden Experten in der Aortenchirurgie und wer sich mit Gefäßchirurgie beschäftigt, weiß, die Aorta ist eines unserer zentralen Arbeitsfelder. Manche sprechen sogar davon, dass es ein eigenständiges Organ sei. Darauf kommen wir vielleicht später nochmal zu sprechen. In jedem Fall ist sie sicherlich ein Bereich unseres Tuns, den wir mit großer Emotionalität begleiten und häufig auch auf Kongressen und Tagungen diskutieren. Und hier würde ich gleich gerne einmal einsteigen. Warum spielt die Aortenchirurgie eine so große Rolle in unserem Fach und warum berührt sie uns als Gefäßchirurgen aus deiner Sicht so stark?
Böckler:Ja, lieber Farzin, die Aortenchirurgie, die spielt tatsächlich eine sehr große Rolle in der Gefäßchirurgie, auch wenn sie historisch betrachtet ja aus der Herzchirurgie kommt. Ich möchte an Charles Dubot, den Franzosen erinnern, der 1951 die erste Aorteninterposition gemacht hat mit einem Homograft und danach Michael DeBakey zwei Jahre später den ersten Dacron interponiert hat. Es hat sich aber dann natürlich, wie du weißt, in den letzten 20 Jahren eine Revolution eingefunden, nämlich die Endovaskeltherapie, die wir mit EVA abkürzen. Und diese Endovaskeltherapie hat, glaube ich, unseren Blick und unsere Beziehung zur Aortenchirurgie maßgeblich beeinflusst und verändert. Nämlich, wir haben diese Technik adoptiert, implementiert, im Gegensatz, das kann man offen ansprechen, zu den Herzchirurgen, die hier nicht diesen Schritt gewagt haben und haben dies zu einer komplementären Methode in der Behandlung von Aortenerkrankungen und Aortenaneurysmen gemacht. Und ich glaube, das war ein entscheidender Schritt, der es uns nun ermöglicht, wirklich multimodal und vor allem auch personalisiert Patienten zu behandeln. Das war, glaube ich, ein ganz großer Schritt. Wir haben die nötigen Studien durchgeführt. Ich erinnere an EVA I und DREAM, aber auch UK, Aneurysm Trial. All diese Studien haben wissenschaftliche Evidenz aufgebaut, die wir nutzen konnten, um dann die führende Disziplin in der Behandlung zu werden.
Und weil du die Emotionen angesprochen hast, Chirurgen definieren sich ja gerne über große Operationen. Die Herzchirurgen, die Bypasschirurgie, Aortenklappenchirurgie, die Transplantation, Vestralchirurgen, vielleicht die Vipershaw-Operation. Und bei uns ist es eben die Aortenchirurgie, weil es natürlich faszinierend und unglaublich ist, wenn Laien zuhören, dass wir die Aorta ausklemmen, durchschneiden und ersetzen. Aber ich möchte an dieser Stelle schon auch sagen, dass Aortenchirurgie nur ein Teil unseres Faches ist. Das weißt du genauso gut wie ich. Und ich glaube, dass der Erfolg in der Aortenchirurgie eben nicht nur emotional zu begründen ist, dass man sagt, das ist eine große Chirurgie, sondern es hängt natürlich, und da kommen wir gleich drauf, auf die Strukturen, auf die Infrastruktur, auf die menschlichen Kompetenzen, auf Interdisziplinarität an. Da werden wir, glaube ich, gleich nochmal drauf eingehen. Aber das ist, glaube ich, die Emotion um die Aorta. Aber ich möchte sie doch in etwas nivellieren und ins richtige Licht stellen. Denn wir dürfen Carotischirurgie und vor allem auch die periphere Bypasschirurgie und die Therapie von der AVK hier in keinster Weise in ein internes Ranking bringen.
Adili: Du weißt ja, Anfang letzten Jahres gab es eine neue internationale Leitlinie aus den USA und auch von der European Thoracic Society, die die Aorta zu einem Organ gemacht hat, wir haben auch davon gesprochen, geadelt hat. Wie siehst du das? Kannst du dich aus Sicht der Fachlichkeit diesem jetzt ja vor allen Dingen kardiochirurgisch geprägten Framing anschließen? Oder wie würdest du das einordnen wollen?
Böckler:Die Aorta als Organ zu bezeichnen, ist in meinen Augen nicht richtig. Denn das größte Blutgefäß des Menschen ist ein wichtiger Blutleiter, der das Blut zu den Organen bringt. Organe sind per Definition Strukturen, die Funktionen übernehmen, die mehrere Zusammensetzungen haben, Muskeln, Knochen, etc. Und die Leber und die Lunge sind, glaube ich, nicht mit der Aorta vergleichbar. Hier wurde der Versuch gestartet, die Komplexität von Aortenerkrankungen, von den Entzündungen über Tumore bis zu den degenerativen Erkrankungen hier alles unter einen Hut zu bringen. Und dieser, sag ich mal, politische Move der Herzchirurgie war in meinen Augen auch in ihrem eigenen berufspolitischen Interesse. Das kann ich so offen ansprechen. Das ist meine persönliche Meinung. Denn wir haben natürlich die Aorta erobert, von der internalen Aorta hoch zur Thorakalen und sind mittlerweile im Bogen angekommen. Wir können offen und endovaskulär behandeln, wir können konservativ behandeln, wir können screenen. Und deshalb, glaube ich, ist hier ein gewisser Kampf schon entstanden, eine gewisse Kompetition, obwohl ich der Meinung bin, dass Herz- und Gefäßchirurgen wirklich zusammenarbeiten müssen, insbesondere im Aortenbogen und in der Thorak-abdominalen Chirurgie. Also ich halte von dem Vorstoß nichts und rein aus dem Vokabular heraus, aus der Definition ist die Aorta kein Organ.
Adili: Naja, allein schon vor dem Hintergrund, dass keine wirklich namhafte gefäßchirurgische Society an dieser Leitlinie, die da publiziert wurde, Anteil genommen haben, lässt ja vermuten, dass dort auch eine Agenda dahintersteckt, die jenseits des Fachlichen steht. Und wir haben uns ja als Fachgesellschaft da auch explizit dazu geäußert.
Böckler:Farzin, ich schätze Leitlinien sehr, wir brauchen sie. Das ist die Grundlage unseres ärztlichen Tun und Handelns und auch wichtig für die Entscheidungsfindung, was wir einem Patienten anbieten können und müssen und wollen. Aber keine andere Leitlinie, es gibt ja noch die europäische, die amerikanische, die deutsche wird jetzt neu aufgelegt, hat diesen Begriff des Organs verwendet. Es geht ums Aortenaneurysma, es geht um die Dissektion. Und die besagte Leitlinie, die du gerade zitiert hast, ist eine Leitlinie aus einer Gruppe von sehr geschätzten Kollegen, die sich zusammengefunden haben, um Evidenz zusammenzutragen, aber in meinen Augen auch, um eben eine gewisse politische Botschaft zu generieren. Alle anderen Leitlinien der anderen Fachgesellschaften gehen diesen Schritt nicht. Und ich glaube, damit ist auch schon gesagt und beantwortet, dass es um mehr geht als nur um Politik. Es geht um unsere Patienten und eine gute Versorgung.
Adili: Ja, dem ist glaube ich nichts mehr hinzuzufügen. Lass uns vielleicht noch mal etwas ins Systemische einsteigen. Ein Grund dafür, dass Aortenchirurgie im Moment so intensiv diskutiert wird, hat was mit der Krankenhausreform zu tun. Ja, präziser gesagt, dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz. Sehr sperriges Wort. Dieses Gesetz fordert ja eine stärkere Zentralisierung, Mindestmengen und es gibt auch eine Leistungsgruppe explizit, das Baucherortenaneurysma. Was glaubst du, wird diese Krankenhausreform die Implementierung dieser Leistungsgruppe für die Aortenchirurgie in Deutschland bedeuten?
Böckler:Vielleicht vorweg, diese geplante und schon initiierte Reform hat natürlich definitiv großen Einfluss auf die Versorgung von Patienten mit Aortenerkrankungen. Vorweg, dieses sperrige Gesetz oder dieser sperrige Name hat natürlich ambitionierte Ziele, aber auch zugleich erhebliche Limitationen. Offiziell, das hast du selber gesagt, will man die Behandlungsqualität verbessern. Ich komme gleich auf die Aortenchirurgie. Auf der anderen Seite will man eine flächendeckende optimale Versorgung machen. Wir alle wissen, wie schwierig das ist. Wir haben regionale Überversorgung, wir haben regionale Unterversorgung und man will auch die Bürokratie in den Krankenhäusern damit abbauen. Ganz ehrlich, unter uns oder hier im Podcast, das hat natürlich auch was mit der Finanzierung zu tun und mit den limitierten Ressourcen. Wenn wir jetzt natürlich auf die Aorta kommen, so hat das mit der besagten Leistungsgruppe 12.1 fürs Bauch-Aortenerysma natürlich schon Implikationen. Übrigens, all die anderen Aortenerkrankungen, es gibt so viele davon, werden gar nicht berücksichtigt. Diese ganze Systematik beinhaltet nicht die Interdisziplinarität, die Multidisziplinarität in der Behandlung von Aortenkranken, die Strukturvorgaben.
Wir haben natürlich das Gefahr der Unterversorgung, wenn wir zentralisieren. Wir, glaube ich, sollten das Thema der Zentralisierung gleich nochmal detaillierter besprechen. Ich war und bin immer noch ein überzeugter Anhänger einer Zentralisierung mit all ihren Haken und Ösen, wenn ich es mal so sagen darf. Man muss das sehr wohl überlegt tun. Die DGG hat sich ja da auch schon positioniert. Mindestzahlen alleine, liebe Farzin, werden dem Anspruch, die dieses Gesetz hier hat und mitbringt, meiner Meinung nach nicht gerecht. Wir haben Mindestmengen definiert in der Leitlinie. Wir haben Mindestmengen definiert in unserer Vergabe des Gütesiegels für das RAL als Aortenzentrum und wir kennen die Diskussion ja um die Mindestmengen. Das ist auch immer eine sehr anspruchsvolle Diskussionsgrundlage. Ich bin der Meinung, dass komplexe Aortenchirurgie und offene Chirurgie auf jeden Fall zentralisiert werden sollte. Dies ist in den Leitlinien auch so wiedergegeben und bestätigt. Und ich denke, dass aufgrund der geringen Fallzahlen, noch mal, wir #db0723en über eine Medizin und Gefäßchirurgie, die nicht so häufig durchgeführt wie andere Eingriffe, ist eine Zentralisierung aus den uns bekannten Gründen sinnvoll im Sinne einer optimalen Patientenversorgung und auch Qualitätskontrolle. Ein letzter Punkt ist die Ausbildung und die Weiterbildung. Wenn wir diese Form von Medizin in Zukunft auf höchstem Level anbieten wollen, müssen wir auch für Weiterbildung sorgen. Und Weiterbildung hat auch etwas mit Volume im Englischen, also mit einer Mindestmenge an Eingriffen, zu tun. Sonst können wir den Nachwuchs nicht vorbereiten für die Zukunft.
Adili: Ja, zu dem Nachwuchs werden wir gleich noch kommen. Du weißt, das ist ja ein Thema, das auch mir sehr am Herzen liegt. Ich würde gerne noch mal kurz zur Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Aortenpathologien kommen. Die Demografie bewegt sich ja in eine klare Richtung. Wir werden alle älter und auch unsere Patientinnen und Patienten werden alle älter. Und insbesondere die endovaskuläre Aortenchirurgie hat sich ja als besonders komplikationsarm im Vergleich zur offenen Chirurgie erwiesen, sodass natürlich die Schwelle, auch hochbetagte Patientinnen und Patienten zu behandeln, so langsam absinkt. Wir hatten in der letzten Podcast-Folge zur Carotis-Chirurgie und zur Frage, ob man Carotis-Stenosen bei älteren Menschen behandeln sollte. An dieser Stelle Gruß an Barbara Rantner und Lars Kellert. Da kam als Feedback eine Frage auf. Ja, bei der Carotis, das ist ja ganz interessant, aber wie ist das eigentlich mit den fenestrierten und den gebranchten endovaskulären Prothesen mit der Therapie des thorakoabdominellen Aneurysmas bei über 80-Jährigen? Ich weiß, dass diese Patientinnen in manchen Zentren von der offenen Chirurgie komplett exkludiert werden, also qua Alter gar nicht mehr berücksichtigt werden. Wie siehst du das für die endovaskuläre Chirurgie? Würdest du das genauso sehen oder hast du da einen anderen Approach zu?
Böckler:Das ist eine sehr spannende und sehr wichtige im Alltag, im klinischen Alltag sehr wichtige Fragestellung, die die Kollegin da angesprochen hat und die du hier nochmal aufwirfst. Das Alter ist ganz klar ein sehr, sehr wichtiger Parameter in der Indikationsstellung bei Aortenerkrankungen. Bleiben wir mal beim Aortenaneurysma und ich komme auch gleich auf die komplexen fenestriert gebranchten Endoprothesen zu sprechen. Das Alter, das wissen wir, ist ein unabhängiger Risikofaktor. Und wir wissen auch, das ist glaube ich überall so, dass je älter ein Patient, auch wahrscheinlich je komorbider er ist, desto eher wird er endovaskulär versorgt. Aber dann haben wir die Limitationen der Anatomie und nicht alles sind endovaskulär versorgbar. Wir wollen ein gutes Ergebnis, wir brauchen gute Langzeitergebnisse, es geht nicht um 30 Tage. Deswegen ist Anatomie genauso wichtig wie die klinischen Faktoren inklusive Alter. Es gibt gute Untersuchungen, wie in der Carotischirurgie übrigens auch, in der Aortentherapie, bei den Aortenaneurysmen, dass Octogenarians, also über 80-Jährige, gut versorgt werden können und wenn sie eine gute Prognose haben, bei einem entsprechenden niedrigen Risikoprofil auch behandelt werden sollen. Was ich damit sagen will, ist, man sollte prinzipiell wegen des Alters einem Patienten nicht die Therapie verwehren oder sagen, für sie kommt nur endovaskulär in Frage. Es gibt sogenannte Risikoscores, wo das Alter eine große Rolle spielt. An die kann man sich orientieren. Die beantworten auch nicht alle Fragen. Es bleibt am Schluss dann doch zum einen die individualisierte Therapieentscheidung, welcher Patient sitzt vor mir und wie gut sind unsere eigenen Ergebnisse. Vor zwei Wochen genau habe ich eine Patientin operiert, die abends um 16 Uhr mit einem symptomatischen Aneurysma kam und die wurde mit 90 Jahren offen operiert und das war kein Einzelfall. Natürlich ist es gut gegangen. Es gibt diesen Einzelfall und wir beide wissen, dass es einen Unterschied zwischen chronologischem und biologischem Alter gibt. Also es gibt 60-Jährige, die sind so krank wie 80-Jährige und umgekehrt. Es gibt 80- und 90-Jährige, die sind fitter als 60-Jährige. Deswegen ist das Alter per se kein Ausschlusskriterium, sondern es fließt in die Entscheidung zusammen mit Patientenwunsch, Machbarkeit, endo versus offen und Komorbidität und Begleitrisikofaktoren zusammen.
Zu der Frage der fenestrierten Phasen, der fenestrierten Prothesen muss ich sagen, da wird es nochmal etwas genauer und diffiziler, denn wir #db0723en über eine sehr teure und sehr komplexe Prozedur. Die ist nicht in einer Stunde gemacht, wie ein normales EVA, sondern da #db0723en wir über drei, vier Stunden. Wir haben Reinterventionsraten von 10 bis 15 Prozent und wenn du dir jetzt die Daten anguckst, es gibt ganz aktuelle Daten aus USA. Ein großes Konsortium hat 1500 Patienten analysiert, die in Amerika fenestriert gebrancht versorgt worden sind und das zeigt, dass per se die Grunderkrankung eine schlechte Prognose hat. 50 Prozent dieser Patienten leben nach fünf Jahren nicht mehr und zwar unabhängig von der Aorta. Sie sterben an anderen Ursachen, an anderen Erkrankungen und das muss man glaube ich ins Kalkül nehmen. Die Lebensprognose ist zugegebenermaßen schwierig einzuschätzen. Wir sind keine Hellseher und haben keine Kristallkugel, aber wir wissen eine solche komplexe und auch teure Behandlungsmethode, mit der wir auch die Gesundheitskosten belasten, muss sehr, sehr, sehr sorgfältig ausgewählt werden. Es bleibt am Ende des Tages eine individuelle Entscheidung basierend auf den Ergebnissen und der Erfahrung des Zentrums, dem Behandlungswunsch des Patienten natürlich, der Anatomie und den Begleitrisiken. Ich würde prinzipiell einen Patienten nicht ausschließen von einer Behandlung. Wir müssen aber in die Integrationsentscheidung mit einfließen lassen, dass diese Patienten keine lange Lebensprognose haben. Wir wissen aus amerikanischen Studiendaten, die vor kurzem publiziert worden sind, dass 50 Prozent der Patienten mit thorac-abdominellen Aneurysmen und pararenalen Aneurysmen nach fünf Jahren nicht mehr leben. Und diese Patienten sterben aus anderer Ursache, meist Krebs oder Herzinfarkt und nicht an der Aorta. Und deswegen ist diese Entscheidungsfahrt und Grad ein sehr schmaler, auf den wir da gehen.
Adili: Ja, ich sehe das im Grunde genommen genauso wie du. Das nominale Alter ist zwar ein Surrogat natürlich für Komorbidität, aber mehr auch nicht. Und man muss es individualisiert betrachten und ich würde das auch nicht tun. Jetzt kommt natürlich der Vorwurf oder die Kritik häufig von Protagonisten aus zentral organisierten Gesundheitssystemen. Wir sind ja sozusagen in Europa mit das dezentralste Gesundheitssystem und auch das größte. Und wir operieren sehr viel Aorta. Wir operieren auch sehr viel Aorta jenseits von Altersbeschränkungen und sogar Größenangaben. Also Aneurysmen sind nicht selten kleiner als die für das infrarenale Bauchaortenaneurysma ja geforderten 5,5 Zentimeter für die Männer. Wie würdest du das einordnen wollen? Also volkswirtschaftlich jetzt mal betrachtet. Wir sind natürlich in allererster Linie Ärzte, Ärztinnen. Und es geht um Menschen und es geht um die Medizin. Und doch spielt die Ökonomie ja auch immer eine Rolle, eine Begleitmusik. Du selbst hast ja eben gerade auch gesagt, dass die Prognose der Patientinnen und Patienten mit Aortenaneurysmata sich nicht so sehr am Aortenaneurysma, also die Aneurysm-related mortality, nicht so im Vordergrund steht, sondern es sind häufig Begleiterkrankungen. Also vor dem Hintergrund der Ökonomie. Wie würde dein Stance dazu noch mal aussehen? Wie würdest du das einordnen?
Böckler:Man kann, Farzin, diese Frage nicht aus rein volkswirtschaftlich-ökonomischer Sicht natürlich beantworten, das weißt du. Und ich komme auf deine Frage selbstverständlich zurück. Ich erlaube mir trotzdem, festzuhalten, dass aus medizinischer und epidemiologischer Sicht wir eben wissen, dass erstens die Prävalenz und Inzidenz schon seit den 80er-Jahren zurückgeht. Also die Aortenerkrankungen werden seltener. Die Patienten haben doch eine zunehmende Compliance für die medikamentöse Therapie. Das heißt, die Statintherapie, von der wir ja wissen, dass sie Aneurysmawachstum und auch Ruptur #db0723uzieren, nicht aufheben, aber #db0723uzieren kann, ist akzeptiert in der Gesellschaft. Das kostet sicherlich Patientenführung und gutes Zu#db0723en. Und die Rupturraten scheinen zurückzugehen. Deswegen hat man ja auch europaweit die Grenze zur Behandlung erhöht. Wir haben ja früher noch mit 5 cm begonnen zu operieren, das weißt du noch. Und jetzt sind wir bei 5,5 und iliakal sogar bei 3,54 cm. Und auch thorakal, mit Ausnahme von Frauen und Bindegewebserkrankungspatienten, da ist der Threshold, also die Grenze, das Durchmesser etwas niedriger. Und das haben wir bewusst angehoben, weil das Risiko der Ruptur oder des rupturassoziierten Todes gesunken ist über die letzten Dekaden. Und vor diesem Hintergrund muss man natürlich schon auch aus ökonomischer und gesundheitspolitischer Sicht sagen, wir müssen uns streng an Leitlinien und Empfehlungen halten. Also ich halte nichts davon, nur weil ich es kann und weil es einfach zu behandeln ist, eine Prothese zu implantieren, die gerade mal so bei Eva refinanziert ist. Also wir haben als Ärzte auf jeden Fall eine medizinische Verantwortung. Darüber brauchen wir, glaube ich, nicht #db0723en. Aber wir haben auch eine ökonomische. Da will ich jetzt nicht sagen, dass wir uns von einem Budget der Krankenhausadministration leiten lassen müssen in unserer Indikationsstellung, sondern in erster Linie, das wollte ich hervorheben, ist es die Evidenz, die wir haben bezüglich der Erkrankung, natürliches Risiko im Verlauf versus Risiko des Eingriffes. Und dann müssen wir die Kosten der Behandlung natürlich ins Kalkül ziehen. Und eines darf man nicht vergessen, gerade bei der endovaskulären Therapie, Farzin, die Reinterventionen sind immer noch bei zehn, zwölf Prozent. Die Krankenhauswiederaufnahme ist hoch. Und wir müssen uns nicht nur über den Primäreingriff Gedanken machen, sondern über den Langzeitverlauf. Wir wollen eine lange, dauerhafte, gute Therapie. Und da können wir uns nicht leisten, dass Patienten jedes Jahr zum CT kommen und jeder achte Patient innerhalb der ersten drei Jahre wieder auf dem OP-Tisch landet. Das ist medizinisch nicht sinnvoll und auch ökonomisch. Also man muss die Diskussion zusammenführen. Getrennt voneinander dürfen Sie nicht führen, denn wir sind primär natürlich erst mal Ärzte und keine Ökonomen, haben die Verantwortung für beides.
Adili: Ja, dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen. Also eine Chirurgie mit Augenmaß, zweifelsohne, und das darf ich jetzt gar nicht laut sagen, aber ich würde unter keinen Umständen aus irgendwelchen ökonomischen Gründen für das Krankenhaus eine Indikation stellen, hinter der ich medizinisch nicht stehe. Du hattest die Demografie eben gerade schon mal angesprochen und die sinkende Inzidenz und Prävalenz des Aortenaneurysmas. Und das stellt uns natürlich jetzt vor eine andere Herausforderung. Wir haben ja in Deutschland, also für die infrarenale Aorta ist ja die Ratio zwischen endovaskulär und offenchirurgisch behandelt. Die geht jetzt so steil Richtung 80-20, also 80 endovaskulär, 20 offenchirurgisch. In manchen Kliniken ist das anders. Also wir operieren noch wesentlich mehr offen und fast bei jüngeren Patienten sogar immer mehr offen. Aber flächendeckend, muss man sagen, nähern wir uns so in Richtung 80-20. Und in manchen Kliniken gehört die offene Aortenchirurgie eigentlich gar nicht mehr so richtig zum Portfolio. Das kann man unter die Kategorie Gelegenheitschirurgie auffassen. Was mir jetzt als jemand, der sich sehr intensiv mit Aus-, Fort- und Weiterbildung beschäftigt, natürlich umtreibt, ist, wie können wir mit solchen Fallzahlen, mit solchen Zahlen für die offene Chirurgie die Zukunft der Weiterbildung in der offenen Aortenchirurgie sichern? Wie ist das aus deiner Sicht möglich? Ist das überhaupt noch so möglich? Was habt ihr in Heidelberg da für Konzepte?
Böckler:Du sprichst ein zukunftssicherndes Thema an, beziehungsweise wenn wir es nicht tun, um uns Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses zu kümmern, werden wir Probleme bekommen. Und wie du auch richtig gesagt hast, die offene Chirurgie bleibt eine komplementäre Therapiealternative. Für, wie ich finde, immer noch relativ viele Patienten, du hast gerade ein Verhältnis von 1 zu 4, 1 zu 5 genannt. Und deswegen müssen wir offene Aortenchirurgie ausbilden. Endovaskulär kann man das wahrscheinlich einfacher, über Simulatoren. In der offenen Chirurgie, gerade was den Zugang betrifft, ist die Ausbildung natürlich schon anspruchsvoller. Ich finde, es beginnt mit der Nachwuchsakquise. Also ganz primär mal banal ohne Nachwuchs, brauchen wir uns überhaupt nicht darüber Gedanken machen, wie wir weiterbilden wollen. Und das eine schließt das andere nicht aus und hängt zusammen. Wenn wir eine gute Ausbildung und Weiterbildung haben, ein gutes Konzept hierfür anbieten, für diese multimodale Medizin, dann werden wir auch Nachwuchs generieren und den Nachwuchs in unser Fach bringen. Wir brauchen also umfassende, aber auch realistische Aus- und Weiterbildungskonzepte. Du hast dich da immer sehr drum bemüht. Das sind also Curricula und entsprechende Ausbildungsstätten, die ganz ehrlich beides oder nicht nur beides, sondern all das andere, Diagnostik, Screening, Ultraschalldiagnostik, aber auch Wissenschaft anbieten. Da geht es also mehr als nur darum, die offene Chirurgie anzubieten. Und da schließt sich für mich ehrlich gesagt wieder der Kreis, brauche ich eine gewisse gesunde, sinnvolle Zentralisierung, denn ohne ein gewisses Volumen können wir nicht lehren. Die Zeiten von „see one, do one, teach one“, so bin ich groß geworden. Ich habe zugeguckt und irgendwann durfte ich es machen bzw. ich habe es nachts machen müssen, weil es tagsüber mir keiner beibrachte. Das war furchtbar, diese Zeit. Die ist Gott sei Dank vorbei. Das kannst du, glaube ich, als Pädagoge so bestätigen. Und es muss auch aufhören. So dürfen wir nicht mehr ausbilden. Wir brauchen Curricula. Wir brauchen klare Konzepte, die umsetzbar sind. Und wir brauchen Methoden. Wir brauchen, meines Erachtens, und das haben wir in Heidelberg eingeführt, weil du mich gefragt hast, sogenannte Skill Labs, wo man an einem perfundierten Modell operieren lernt, das Nähen lernt, Anastomosen lernt. Man kann Simulatoren ausleihen mit Unterstützung von Industriepartnern, an denen man endovaskuläre Techniken übt. Wir brauchen aber auch eine Integration der Wissenschaft in diese Weiterbildung. Digitalisierung und KI, das ist ein ganz neues Thema, das wir wahrscheinlich gar nicht heute unterbringen werden. Welche Rolle spielen KI und Digitalisierung in der Weiterbildung der Zukunft? Und um das Ganze jetzt wirklich real zu machen, vor dem Hintergrund einer Konsolidierung der Gefäßmedizin, Stichwort Leistungsgruppen und Zentralisierung, werden wir Weiterbildungsverbünde schaffen müssen. Also standortübergreifende Verbundausbildungen, in denen die offene Chirurgie zusammen mit der endovaskulären Therapie angeboten wird. Wir brauchen Hospitationen, wir brauchen Fellowship-Programme. Die Amerikaner haben das schon. Ich glaube, auch die Engländer haben das. Und wir brauchen strukturierte Rotationen. Also eine lange Wunschliste, die wir noch nicht haben. Wir haben in Heidelberg damit begonnen. Kleinere Krankhäuser weisen uns Patienten mit Aortaaneurysmen zu und die oder der Oberarzt, der fortgeschrittene Weiterbildungsassistent, kommt zu der Operation dazu und assistiert. Er wird nicht operieren, aber er assistiert mit. Denn in dem Heimatkrankenhaus macht er es nicht selber. Aber er kriegt Grundprinzipien mit. Und ich glaube, da kannst du mehr sagen als ich. Medizin, Gefäßmedizin, muss auf bestimmten Kompetenzlevels vermittelt werden. Und nicht alle Kompetenzlevels müssen überall angeboten werden. Also wir haben ganz konkret eine erste Rotationsweiterbildungsstelle in Heidelberg eingeführt. Die ist einjährig, da kommen mittlerweile auch Bewerber aus der Schweiz. Und die kommen mit dem Fokus Aortenchirurgie zu uns. Das schafft Vertrauen und mit den kleinen Häusern, dieser Austausch schafft eine Win-win-Situation. Und nicht zuletzt am Ende des Tages profitiert dann doch der Patient davon. Davon bin ich
Adili: Also ich stimme dir in dem, was du gesagt hast, absolut zu. Ich würde aber gerne noch einen Schritt weitergehen tatsächlich und noch mal in Richtung Simulation denken. Also ich glaube ehrlich gesagt, wir können oder dürfen in Zukunft, um mal ein Beispiel aus der Luftfahrt zu bemühen, nicht die Kolleginnen und Kollegen ausbilden oder weiterbilden, wie man einen Triebwerksbrand löscht in dem Moment, in dem der Triebwerksbrand auftritt. Ich will damit sagen, für viele Szenarien, die wir gerade in der offenen Chirurgie, in der offenen Aortenchirurgie, die uns begegnen, für die unsere Simulationen, soweit wir sie derzeit zur Verfügung stehen haben, noch gar keine richtigen Antworten geben, auf diesen Level, glaube ich, dürfen wir uns nicht zufriedengeben. Und mein C#db0723o lautet, wir müssen viel, viel intensiver auch da in die Forschung, in die Wissenschaft reingehen und vielleicht auch Startups gründen, um die Qualität der Simulation in der Chirurgie zu verbessern. Die Responsivität, also wie das System auf eine Intervention reagiert, erhöhen, um Szenarien zu trainieren und zu üben, für die wir im Grunde genommen noch gar keine Modelle haben. Du weißt, es gibt aus dem bekannten amerikanischen Lehrbuch so ein Zitat, The operation of a ruptu#db0723 AAA is like a well-orchestrated ballet in a bloody combat zone. Die Operation eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas ist wie ein wohlorchestriertes Ballett in einer blutigen Kampfzone. Und genau diese Art von Kampfzone, die können wir bislang gar nicht simulieren, aber da müssen wir hinkommen. Das ist natürlich nicht Business von heute oder morgen, sondern von übermorgen, aber es bedarf unserer Expertise als klinische Fachleute und den entsprechenden IT-Spezialisten, um so etwas zu entwickeln. Und ich glaube, das ist auch noch mal ein wichtiges Element neben dem, was du gesagt hast, und dem kann ich nur absolut beipflichten, um die Lehre und die Aus-, Fort- und Weiterbildung auf diesem Gebiet zu verbessern.
Böckler:Lass mich da noch was obendrauf legen. Also ich bin voll bei dir. Wir müssen in die Zukunft gucken und auch in der Lehre und Weiterbildung innovativer werden. Ein Grundsatz bleibt aber, Chirurgie ist auch eine Medizin der Erfahrung. Das heißt, wer nicht im OP ist über all die Jahre, der wird die Komplikationen, die nicht immer vermeidbar sind, nicht erleben und kann durch die Erfahrung auch seine Skills, seine Kompetenz wahrscheinlich nicht verbessern. Also es bleibt natürlich auch ein praktischer Beruf, den man nicht komplett zu Ende simulieren kann. Was man aber kann, und das hast du auch schon gesagt, und ich will es mit zwei Beispielen, glaube ich, noch mal erläutern, ist, man kann die neue Technik, die neue Innovation, die auf uns zukommt, nutzen, um vorbereitet zu sein. Beispiel Augmented Reality und cloudbasierte künstliche Intelligenz. Die Augmented Reality kann mit der Brille durch CT-Fusionierung die anatomischen Strukturen zeigen, bevor du sie überhaupt präpariert hast. Also du guckst in den Situs rein und wirst mit der Brille die Nierenvene sehen, bevor du die Aorta am oberen Hals präparierst. Und ich glaube schon, dass so eine Technik auch eben Komplikationen wie Blutungen vermeidet. Und das zweite Beispiel wäre cloudbasierte Big-Data-Analysen. Wenn wir unsere generierten Informationen im OP-Saal in eine Cloud senden, dann wird es dort möglich sein, dass Computer, Hochleistungscomputer, diese Daten, wie wir wissen, in Sekunden oder Millisekunden schneller analysieren und uns eine Information zurückgeben werden. Sie werden digitale Zwillinge entdecken, also Menschen, die fünf Jahre, oder Patienten, die vor fünf Jahren operiert worden sind, in gleicher Situation mit gleicher Morphologie und dann wird es eine Art Rückmeldung geben an den Operateur: „Herr Adili, so einen Fall haben Sie vor drei Jahren operiert. An den wirst du dich nicht erinnern, weil du einfach so viel machst und das menschliche Gehirn dann doch irgendwo seine Limitationen hat. Bei dem ist damals eine Typ-1-Endo-Leckage zurückgeblieben. Also überlegen Sie doch mal, ob Sie die Prothese wirklich da absetzen wollen.“ Das klingt jetzt sehr fiktiv, aber ich bin sicher, dass das kommen wird. Und auch das wird uns helfen, Komplikationen zu #db0723uzieren, Ergebnisse zu verbessern und die Ausbildung zu modernisieren und zu
Adili: Sehr gut. Ja, das kann ich mir unwahrscheinlich gut vorstellen. Lieber Dittmar, wir haben im Grunde genommen alle wichtigen Themen besprochen. Das war ein sehr intensives und auch offenes Gespräch. Vielen Dank dafür. Vielleicht von dir noch ein kurzes Fazit. Was brauchen wir für eine gute Zukunft der Ortenchirurgie in Deutschland? In a nutshell.
Böckler:Gefäßchirurgie, ich schließe die Endovaskulär-Therapie mit ein, ist ein Fach mit sehr hoher Attraktivität und einer gesicherten Zukunft werden wir uns darum kümmern. Nicht nur vor dem demografischen Hintergrund. Wir müssen für die Sicherung der Gefäßchirurgie und der Aortenchirurgie, das möchte ich mal ganz gemeinsam so zusammenfassen, brauchen wir junge Menschen, wir müssen uns um den Nachwuchs kümmern, der sich für das Fach begeistert. Für die Aorta, für die Gefäßchirurgie als Ganzes, für diesen Beruf. Und wir brauchen natürlich genauso auch engagierten und kompetenten Nachwuchs in der Pflege, um das gemeinsam machen zu können. Multimodale Aortenchirurgie geht nur im Team. Wir brauchen Exzellenz durch Struktur, durch die Weiterbildung, die wir andiskutiert haben. Wir brauchen gesundes Selbstbewusstsein, aber das Ganze kann nur durch Qualität untermauert werden. Wir können nicht einen Herrschaftsanspruch äußern. Wir müssen liefern und unsere Hausaufgaben machen. Wir müssen Innovationen nutzen, wie gerade schon angesprochen, KI, die Veränderung in der Gesellschaft und im Gesundheitswesen immer positiv denken. Ich glaube, unser Fach muss positiv beleuchtet und gemalt werden. Es gibt immer Krisen in der Welt und wir haben uns letztens, Farzin, noch mal über Zitate unterhalten. Wir beide kennen und zitieren gerne Winston Churchill, “never let a good crisis go to waste”. Und mit deutschen Worten, lass niemals eine Krise ungenutzt verstreichen. Was ich sagen will, wir werden Krisen, wir werden Diskussionen haben, aber wir müssen positiv und gestärkt daraus hervorgehen. Die Fachgesellschaft ist, glaube ich, gut beraten. Unsere Fachdisziplin ist sehr gut beraten, wenn wir hier gemeinsam Weiterbildung, Qualität und Multimodalität in der Aortenchirurgie fördern und unsere Hausaufgaben machen und die richtigen Ziele verfolgen, dann ist, glaube ich, die Aortenchirurgie, wie heute auch, bei uns in richtigen Händen zum Wohle vor allem unserer Patienten. Darum geht es in erster Linie.
Adili: Den kann und will ich nichts mehr hinzufügen. Herzlichen Dank dir, lieber Dietmar, und an unsere Hörerinnen und Hörer, schön, dass Sie dabei waren. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns Feedback geben würden, wenn Sie Fragen haben, uns diese schicken. Sie haben ja erlebt, wir greifen Sie auch gerne auf in einer der nächsten Podcast-Folgen, wenn es denn passt. Schreiben Sie uns gerne eine kurze E-Mail an podcasts@medizinkommunikation.org. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns treu bleiben und den Podcast auf der Plattform Ihrer Wahl abonnieren würden. Dann hören wir uns auch in etwa einem Monat wieder. Bleiben Sie neugierig, kritisch, engagiert für die Gefäßmedizin. Bis zum nächsten Mal bei Gefäße im Fokus.