
2. Newsletter der Präsidenten / „Presidential address“
22.05.20Liebe Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Liebe GefäßassistentInnen und Studierende,
Meine Damen und Herren,
Die Corona Pandemie hat unser Land und die Welt fest im Griff. COVID-19 hat praktisch alles auf den Kopf gestellt, was wir in unserer Welt für normal hielten, und beherrscht inzwischen unseren privaten und beruflichen Alltag. Viele von uns haben Schwierigkeiten, sich vorzustellen, wie eine Welt nach COVID aussehen wird. Ganz zu schweigen von dem Weg, den wir gehen werden müssen, um in ein normales sicherlich verändertes gesellschaftliches Leben zurückzuerlangen. Aber wir werden dorthin zurückgelangen - und das gelingt am besten, wenn wir es gemeinsam tun.
In Zeiten wie diesen gibt es zugegebenermaßen mehr Fragen als Antworten, mehr Anekdoten als Serien und mehr Zweifel als Klarheit. Deshalb müssen wir rational und verantwortungsbewusst auf diese unbekannten Faktoren reagieren und uns darauf verlassen können, dass unser Gesundheitssystem, unser Fachgebiet und die deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie – die DGG e.V. - wie viele andere Gesellschaften und Vereine auch, auf einem soliden Fundament steht.
Das Bundesgesundheitsministerium hat alle Krankenhäuser und Ärztinnen und Ärzte dazu aufgerufen, planbare Operationen zu vermeiden, um genügend freie Kapazitäten vorhalten zu können. Dies für den Fall, dass die Infektionsraten weiter ansteigen und mehr intensiv-medizinische Betten benötigt werden. Zu den wichtigsten Prinzipien gehören die Reduzierung von unnötigen sozialen Kontakten in den Krankenhäusern, die Verschiebung weniger dringender Fälle und die Verringerung der Krankenhausverweildauer oder der Abhängigkeit von der Intensivstation auf ein vertretbares Minimum.
Die Notfallversorgung ist und darf hiervon nicht betroffen sein.
Wie lange planbare Operationen verschoben werden können, hängt von der zugrundeliegenden Diagnose und der auszuführenden Operation ab. Diese Maßnahme stellt leitendes ärztliches Personal in den Krankenhäusern vor erhebliche Herausforderungen. Welche Operationen verschoben werden können und wie lange, ist nur im Einzelfall zu beantworten. Wir haben sehr frühzeitig in einer Stellungnahme erste Empfehlungen für das Fach Gefäßchirurgie gegeben, wie der Umgang mit planbaren Operationen unter Covid-19-Bedingungen gehandhabt werden kann. Sie finden diese Empfehlungen als Handlungsorientierung auf unserer Homepage.
Wir müssen uns aber als Gefäßchirurgen und Ärzte trotz der genannten Einschränkungen weiterhin auf die Bedürfnisse eines jeden einzelnen Patienten entsprechend seinem individuellen Risikoprofil konzentrieren. Auf der einen Seite die Sorge um eine Exposition mit dem Virus im Krankenhaus, auf der anderen Seite aber auch die Sorge und ggf. Angst durch die Corona-bedingte Absage und Verschiebung der Behandlung aus. Welcher Patient dringlich einzuplanen ist und welcher verschoben werden, kann obliegt der ärztlichen Entscheidung des verantwortlichen Gefäßchirurgen in persönlicher Absprache mit dem Patienten.
Auch wir als Gefäßchirurginnen und -chirurgen sind plötzlich mit neuen Themenfeldern wie z.B. der Änderung des Infektionsschutzgesetzes , der Trennung von Kliniken in Covid- und Non Covid Kliniken, dem COVID 19 -Krankenhausentlastungsgesetz und ganz alltäglich mit Besprechungen per Videokonferenz unter Zuhilfenahme modernen Kommunikationsmedien konfrontiert. Diese neuen sozialen, medizinischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfordern derzeit neben im klinischen Alltag unser höchste Aufmerksamkeit.
Die zahlreichen gesetzgeberischen Aktivitäten in Berlin stellen sowohl eine Chance als auch eine Herausforderung für die Gefäßchirurgie in Deutschland dar, da die Mittel für das Gesundheitswesen unweigerlich Gefahr laufen, umverteilt werden zu müssen. Lassen sie uns gemeinsam daran arbeiten, um sicherzustellen, dass die Stimme der Gefäßchirurgie in der Gesundheitspolitik, in den Gremien und in den einzelnen Krankenhäusern gehört und unsere Beitrag zur Gesundheitsversorgung auch in Corona-Zeiten anerkannt wird.
Die DGG unterstützt als Fachgesellschaft alle Bemühungen, eine schnelle Ausweitung der Pandemie zu verzögern. Die Gesundheit der uns anvertrauten Gefäßpatienten steht dabei allerdings weiterhin im Mittelpunkt unseres ärztlichen Handelns. Diese Aufgabe stellt sicherlich einen Spagat bzw. eine Gradwanderung dar, die wir allerdings gemeinsam schaffen können.
Lassen Sie mich Ihnen zunächst versichern, dass das DGG-Geschäftsleben weiterhin läuft, nur nicht ganz wie gewohnt. Unsere Mitarbeiter in der Geschäftsstelle um Frau Dr. Jacobs sind auch jetzt für Sie als Mitglieder erreichbar. Wir bitten dennoch um Ihr Verständnis, wenn in diesen Wochen ggf. Anträge für Zertifizierungen z.B. nicht in üblicher Weise bearbeitet werden können.
Der Vorstand der DGG steht im Rahmen von Video- und Telefonkonferenzen in sehr engem, beinahe wöchentlichen Kontakt und leitet die Geschicke der DGG nach bestmöglichem Wissen. Der Vorstand weiß auch , dass alle unsere Mitglieder in diesen Zeiten der Unsicherheit einem erhöhten Maß an Stress und Sorge ausgesetzt sein werden. Das Wohlbefinden unserer Mitglieder hat für die DGG deshalb weiterhin höchste Priorität. Auch der Informationsaustausch mit unseren Mitgliedern hat für uns höchste Priorität. Zeiten wie diesen erfordern einen regelmäßigeren Informationsaustausch mit unseren Mitgliedern. Gerne wollen wir sie über unsere Pläne und Vorhaben auch zukünftig informieren und mit ihnen kommunizieren. Bitte erteilen Sie uns hierzu Ihre Erlaubnis, Sie über E-Mail erreichen zu dürfen. Eine kurze Nachricht in der Geschäftsstelle mit ihrer aktuellen Kontaktadresse genügt. Die derzeitige Krise zeigt aber auch Chancen auf, um z.B. digitale Medien vermehrt zukünftig für den Informationsaustausch zu nutzen. Videokonferenzen und Apps werden unsere Kommunikation sicherlich verändern und gewissermaßen revolutionieren.
Zu unserem großen Bedauern musste der Deutsche Chirurgenkongress DCK 2020, der in wenigen Tagen in Berlin mit Prof. Schmitz-Rixen als amtierenden Präsidenten hätte stattfinden sollen, wegen Covid 19 abgesagt werden. Die ist deshalb besonders schade, weil die Gefäßchirurgie mit Herrn Prof. Dr. Th. Schmitz-Rixen nach Hans Martin Becker 1993 wieder einen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie stellt. Ein sehr innovatives, wissenschaftliches Programm hätte uns fachübergreifend im Rahmen unserer Frühjahrestagung in Berlin zusammengebacht. Ich sage an dieser Stelle „Dankeschön“ an Thomas Schmitz-Rixen und Markus Steinbauer als Kongresspräsident der Frühjahrestagung , die unser Fach mit Glanz und großer Sichtbarkeit abgebildet haben. Dies wurde sehr wohl wahrgenommen.
Wir möchten zum jetzigen Zeitpunkt an der Sommerakademie in Berlin Ende Juni und der Jahrestagung im September in Bremen festhalten und planen zuversichtlich für Sie ein spannendes und interessantes wissenschaftliches Weiterbildungsprogramm.
Uns ist bewusst, dass viele über die Durchführbarkeit dieser wichtigen Veranstaltungen und ihre eigene Teilnahmefähigkeit besorgt sind. Viele von uns würden gerne Pläne machen, zögern jedoch, dies zu tun, bis sie sicher gehen können, dass ein Besuch der Kongresse wieder ungefährlich möglich ist. Wir nehmen das Unbehagen dieser unbeantworteten Fragen wahr und hoffen, bis Mai eine endgültige Entscheidung treffen zu können. Bitte beachten Sie, dass wir im besten Interesse der DGG handeln wollen, wenn wir über diese Entscheidungen und die zeitliche Planung beraten. Bleiben wir optimistisch, dass wir uns im Rahmen unserer Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen wiedersehen.
Liebe Mitglieder.
wir erleben eine Zeit sehr besonderer Herausforderungen. Viele Fragen können wir heute noch nicht beantworten. So manch Bewährungsprobe mag noch vor uns liegen. Sorgen um die eigene Gesundheit und die Ihrer Familien und sogar Existenzängste sind mehr als nachvollziehbar und naheliegend. Wir wollen Ihnen als Fachgesellschaft bei Fragen und Anliegen, die die Ausübung unseres Faches und Ihrer beruflichen Tätigkeit betreffen zur Seite stehen und Sie, dort wo wir können, unterstützen.
Als Präsident unserer Fachgesellschaft möchte ich mich im Namen des gesamten Vorstandes bei Ihnen für Ihren Einsatz bedanken und wünsche Ihnen und Ihrem Team alles Gute.
Bleiben Sie gesund!
Mit besten Grüßen aus Berlin/Heidelberg
Ihr
Univ. Prof. Dr. med. Dittmar Böckler
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin 2019-2020